Spuren im Schnee führen um das Haus, denn das Interesse an neuer Architektur scheint in Bad Mitterndorf groß zu sein. Einige Elemente wirken vertraut, dennoch sorgt das Haus für Aufsehen in der kleinen österreichischen Gemeinde. 
Fotos von David Schreyer | Visualisierungen von parkelf
Von der Zufahrt aus betrachtet wirkt der archetypische Grundkörper in Kombination mit einer traditionellen Schindelfassade auf den ersten Blick unscheinbar. Lediglich der geringe Dachüberstand und die sich um den Sockel ziehende Betontreppe weichen vom prägenden Ortsbild ab. Auf der Hangseite erschließt ein separater Zugang das Untergeschoss. Dort befinden sich neben der Haustechnik ein Gästezimmer und zwei weitere Räume. Diese lassen Spielraum für zukünftige Ausbauten und könnten bei Bedarf über die Speis mit dem Obergeschoss verbunden werden. Solche Merkmale zeigen das Bestreben der Architekten, dass sich ihre Gebäude mit den Jahren an die Bedürfnisse zukünftiger Bewohner anpassen, und je nach Lebenssituation weiterentwickeln können müssen.
Sowohl aus konstruktiven als auch aus gestalterischen Gründen ist der Massivholzbau mittels eines Sichtbetonsockels vom Erdreich abgesetzt. Die Auskragung an der südwestlichen Ecke betont diesen Effekt. Es wurde darauf geachtet, dass alle Terrassen vor der ortsbedingten starken Witterung geschützt sind. Das gesamte Gebäude dreht sich mit direktem Blick auf das gegenüberliegenden Bergmassiv aus dem Hang heraus. Die Drehung begünstigt zudem die Lichtverhältnisse im Inneren und erzeugt über die gleichmäßig angeordneten Dachfenster ein interessantes Zusammenspiel zwischen Licht und Schatten. Im Inneren bestimmt Holz als prägender Baustoff das Erscheinungsbild. Die in Weißtanne gehüllten Oberflächen schaffen zusammen mit dem Lehmofen ein behagliches Klima. Durch den fugenlosen Gussboden auf Pflanzenbasis wird die Wärme der Fußbodenheizung gleichmäßig über den Boden an den Raum abgeben.
Im Zentrum des Ferienhauses liegt die Küche. Ohne Oberschränke gestaltet ermöglicht sie einen freien Blick durch den Raum. Von hier aus können alle Funktionen über kurze Wege erreicht werden. Der quadratische Küchenblock bietet von allen Seiten großzügige Arbeitsflächen und lädt zum gemeinsamen Kochen ein. Grundsätzlich ist der gesamte Wohnbereich als fließendes Raumgefüge konzipiert, das sämtliche Funktionen und Ebenen miteinander verbindet. Hierbei definieren raumbildende Elemente und unterschiedliche Raumhöhen die einzelnen Bereiche. Im Wohn- und Essbereich wird der Blick über zwei großflächige Verglasungen auf die eindrucksvolle Berglandschaft gelenkt.Über eine Schiebetür gelangt man zu dem allseitig geschützten Freisitz, der durch die Auskragung gleichsam über der Landschaft schwebt. Insgesamt wurde der Fensterflächenanteil bewusst gering gehalten, um einen hüttenähnlichen Charakter zu schaffen. Das Obergeschoss wird über eine in Esche gefertigte Holztreppe erschlossen, deren Kanten bei Nacht über ein indirekt beleuchtetes Geländer inszeniert werden. Auf dieser Ebene befindet sich die Galerie mit Platz für ein Matratzenlager sowie einem separaten Schlafzimmer und zugehörigem Bad.
Der Entwurf lebt von seiner räumlichen Komplexität, und dem direkten Bezug zur Umgebung. Der einmalige Blick auf den höchsten freistehenden Berg Europas – den Grimming – wird dabei bestmöglich genutzt. Es war für Studio JL wichtig, die lokale Baukultur verstehen zu lernen und in einer neu interpretierten Form in den Entwurf einfließen zu lassen. Dabei sollte nicht zuletzt die Begeisterung für den Baustoff Holz zur Geltung kommen. Deshalb wurde dieser bereits zu Beginn des Projekts als fester Bestandteil der Gestaltung in den Entwurfsprozess integriert.
Prägend für die Qualität von Z91 war auch die Zimmerei „Letmaier“. Handwerker, die ein Projekt mit Herz und Seele begleiten, Interesse an neuen Lösungen zeigen und diese gemeinsam mit den Architekten weiterentwickeln, ermöglichen eine Architektur, die Spaß macht und Aufsehen erregt.
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